Psychotherapeutenschaft Göppingen

Verein der kassenzugelassenen Psychotherapeuten im Landkreis Göppingen





Schutzfaktoren für die Seele

Gibt es ein Immunsystem für die Psyche? - Oder was hilft, dass sich Menschen trotz ungünstiger Lebensbedingungen, gut entfalten können?

schutzfaktoren

Seit die Menschheit existiert sind Menschen Widrigkeiten ausgesetzt, die sie positiv oder negativ beeinflusst haben. Tatsächlich ist es so, dass nicht jeder, der eine schwere Belastung ( z. B. eine chronische körperliche Erkrankung, anhaltende Schmerzen, Verlust des Arbeitsplatzes, Verlust einer geliebten oder nahen Person,...) im Leben erfährt oder gar traumatisiert wird, psychisch so ins Schleudern kommt, dass er professionelle Unterstützung braucht. Ein und dieselbe Belastung kann sich bei verschiedenen Menschen ganz unterschiedlich auswirken, je nachdem wie gut der Stressschutz des Betreffenden ist. Krisen begleiten uns und sind unsere Chance, zu wachsen und uns weiter zu entwickeln. Krisen führen dazu, dass das Leben ein fortwährender Prozess des Wiederherstellens ist. Aus diesem Grund interessieren uns Schutzfaktoren, die dem Menschen helfen, widerstandsfähiger und krisenfester zu sein.

Befunde aus der Therapieforschung, der Stressforschung und der Neurobiologie legen nahe, dass die Krisenfestigkeit eines Menschen von den folgenden Faktoren abhängt:

Ein ganz entscheidender Faktor betrifft die innere Sicherheit des Menschen. Je mehr ein Mensch erlebt, dass er sein Leben steuern kann, sich aus Gefühlszuständen oder grüblerischen Gedanken selbst lösen kann und sich dabei unabhängig vom Außen erfährt, umso mehr wächst sein Vertrauen in sich selbst. Man spricht dann von Selbstwirksamkeit. Diese Selbstwirksamkeit kann durch Achtsamkeit und Respekt mit sich selbst gefördert werden. Dazu gehört z.B. die Akzeptanz der eigenen Befindlichkeit, Mitgefühl mit sich selbst, jedoch kein passiv resignatives Ertragen der Situation.
In Krisen ist es hilfreich, die auftauchenden Gefühle zuzulassen, auch wenn es sich um widersprüchliche und unangenehme Gefühle handelt, und nicht das Schwierige und Problematische einfach weg zu drücken. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die nicht zugelassenen Gefühle unterschwellig weiter wirken.
Das Akzeptieren und Respektieren der eigenen Befindlichkeit ermöglicht eine Distanzierung von Gedanken und Gefühlen. Der Mensch erlebt sich steuernd durch verschiedene Ich-Zustände und wird somit freier in seinem Denken und Handeln. Das Erleben von Selbstwirksamkeit fördert die Selbstwertschätzung, das Bewusstsein für die erbrachte Lebensleistung und die eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten. Dies hilft die innere Balance zu halten, wenn belastende Gefühle ausgehalten werden müssen und/oder Veränderungen anstehen.
Mit dieser Fähigkeit, sich selbst zu regulieren, können Kontakte mit anderen Menschen gut eingegangen werden, da der Zugang zur Selbstwertschätzung gewährleistet ist und der Mensch flexibel in seinen Reaktionen bleibt. Er kann einfühlend sein und ist in der Lage, Verantwortung zu übernehmen, Unterstützung zu geben oder einzufordern. Er nimmt Gefühle und Bedürfnisse wahr und kann sich abgrenzen. Die erlebte Selbststeuerung und die damit in Zusammenhang stehende Unabhängigkeit stärken die innere Sicherheit.

Von äußerer Sicherheit spricht man als weiterem Schutzfaktor, wenn ein Mensch eingebunden ist in haltende, respekt- und vertrauensvolle Beziehungen. Dies kann eine befriedigende Partnerschaft, eine stützende Familie, Freunde oder die Zugehörigkeit zu einer oder mehreren Gruppen sein. In diesem Zusammenhang spielt auch die finanzielle Sicherheit eines Menschen, sein Zugang zu Beschäftigung, Schutz und Sicherheit in einem gesellschaftlichen Zusammenhang eine wichtige Rolle. Aktuelle Studien zeigen z.B., dass Berufstätigkeit bei Frauen als Stresspuffer vor Depressivität schützt. Dies trifft nur zu, wenn keine gleichzeitige Überlastung der Frauen durch verschiedene Rollenanforderungen entsteht. Eine stabile körperliche Verfassung hat ebenfalls Auswirkung auf das Sicherheitserleben eines Menschen. Sicherheit im eigenen Körper ist ein Aspekt von Selbstwirksamkeit.

Zielorientierung und Sinnfindung: Das „psychische Immunsystem“ eines Menschen profitiert darüber hinaus davon, inwieweit der Einzelne sein Leben als bedeutsam und sinnvoll versteht. Unterstützend wirken dabei eine religiöse oder philosophisch-spirituelle Orientierung sowie Vorbilder und sinnstiftende Wertesysteme. Die Fähigkeit, für sich selbst Visionen und Ziele zu entwickeln, erhöht die Stressresistenz des Menschen, die dabei entstehende optimistische Lebenshaltung und Hoffnung ist eine Quelle für Kraft und Durchhaltevermögen.

Menschen mit unzureichenden Bewältigungsstrategien in Kindheit und Jugend können zu einem späteren Zeitpunkt zu widerstandsfähigen Personen werden. Ursprünglich gefestigte Heranwachsende können sich von ungünstigen Bedingungen zu einem späteren Zeitpunkt aus der Bahn werfen lassen. Der Erhalt der Schutzfaktoren ist ein Prozess der ständigen Anpassung.
Die aufgezählten Schutzfaktoren können wie ein „psychisches Immunsystem“ verstanden werden. Sie gleichen sich gegenseitig aus und können sich verstärken. Sie sind ähnlich dem körperlichen Immunsystem ständigen Veränderungen ausgesetzt und bedürfen nachhaltiger Pflege.

Konkrete Anregungen zur Selbsthilfe finden Sie im Artikel: Selbstfürsorge in der Krise

Verfasst vom Arbeitskreis Öffentlichkeisarbeit: Irmgard Baudis ,Regine Fetzer, Senta Fricke, Dr. Renate Weidle


Eine Liste aller im Kreis Göppingen kassenzugelassenen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten erhalten Sie bei den Krankenkassen, der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg unter www.kvbawue.de (dort unter Arztsuche – Psychotherapeuten) oder auf unserer Homepage der Psychotherapeutenschaft im Kreis Göppingen www.psychotherapeutenschaft-gp.de.